„Schnell, komm zum Fenster! Ein riesiger Vogelschwarm fliegt über uns hinweg“, ruft Annemarie aufgeregt. Sie schnappt sich die Videokamera und filmt eine kurze Sequenz dieses einzigartigen Naturschauspiels.
Auch wir ziehen im Januar wieder weiter. Auf der Rückfahrt nach Thessaloniki, wo wir unseren Fußmarsch fortsetzen werden, besichtigen wir die antike Stadt Korinth.
Wir sagten nicht Nein, als uns für eine Nacht ein Stall angeboten wurde, wir sagen aber auch gerne Ja zum Geschenk, unsere Erholungspause in der Burgvilla verbringen zu dürfen. Vom Stall bis zur Villa – mit Gott bleibt das Leben spannend und abwechslungsreich!
Eine atemberaubende Landschaft erwartet uns in Griechenland: weiße Berge, blaues Meer, Wälder und weite Felder – eine Augenweide! Doch zwei Dinge entgehen uns während der ersten beiden Tage.
Am 25. Dezember sitzen wir also nicht in der behaglichen Stube, sondern sind wie damals Josef und Maria auf der Straße unterwegs.
Einige Hundert Meter später wendet ein Auto vor uns. Georg ruft: „Meine Mutter schickt mich …“
Der zweite Weihnachtstag beschert uns nochmals ein unvergessliches Erlebnis.
Daniela erzählt uns begeistert von den erfolgreichen Aerobic-Kursen, die sie leitet. Bei einem Kurzbesuch ist Annemarie überrascht über die vielen Teilnehmerinnen, die in der großen Turnhalle zusammenkommen und offensichtlich Spaß daran haben, sich bei schneller Musik sportlich zu betätigen.
Der Schnee und der süße Honig werden uns noch lange an die Stadt Bitola nahe der Grenze zu Griechenland erinnern.
„Wann feiert ihr hier Weihnachten?“, fragen wir am 19. Dezember im Gottesdienst. „Wir orientieren uns an der orthodoxen Kirche. Da feiert man erst am 7. Januar.“ Wir beschließen, uns der hiesigen Tradition anzupassen.
Hinter den zwei schmalen Betten ist gerade so viel Platz, dass wir unsere Rucksäcke nicht ins Bett nehmen müssen. Wir sind dankbar, dass wir nicht im Freien übernachten mussten. Doch hier bleiben und bis zur Schneeschmelze warten? Nein.
Es schneit immer heftiger und wir kommen auf dem Schneematsch ins Rutschen. „Jetzt wird es doch langsam gefährlich“, meint sogar Hanspeter.
Am nächsten Morgen wandern wir Richtung Norden und überqueren bei eisiger Kälte die Grenze nach Mazedonien.
„Wenn wir jetzt in die Stadt gehen, haben wir morgen eine Strecke von 43 Kilometern vor uns. Das ist in dieser Jahreszeit bei Tageslicht kaum zu schaffen“, überlegen wir uns.
„Hier gibt es Bären und Wölfe. Eine Frau wurde schon von einem wilden Tier angefallen. Im Winter ist es viel zu gefährlich, von hier nach Resen zu gehen“, warnt uns Pepe.
Die Strecke von Tirana nach Elbasan führt über eine Höhenstraße. Sie sollte sich durch die stetige Steigung, die vielen Kurven und die kurzen Tage als anspruchsvoll erweisen.
Das Auto hält an, ein Mann steigt aus, rennt uns hinterher und fragt: „Kommen Sie zufällig aus der Schweiz?“
In der Kindertagesstätte staunen wir, mit wie viel Hingabe und persönlichem Verzicht sich die Mitarbeitenden hier einsetzen, um den Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Es gibt Kinder, deren Eltern weder lesen noch schreiben können. Mit Inbrunst singen uns die Kinder am 7. Dezember ein Weihnachtslied vor.
Nach unserem Abstieg ins Tal genießen wir in Elbasan bei Ron und Carrie eine köstliche Lasagne.
„Hanspeter, sieh mal. Dort steht ein Schneepflug aus Hinwil!“
Die Via Egnatia war eine wichtige Römerstraße, die entlang der Balkanküste und danach zum Bosporus führte. Als östliche Fortsetzung der Via Appia war sie die direkte Verbindung zwischen Rom und Byzanz (Konstantinopel / Istanbul). Von Byzanz aus benutzten die Römer das Straßennetz der Assyrer, Perser und Griechen, das sich über Kleinasien bis nach Syrien und Ägypten erstreckte.
Die Via Egnatia, die 146–120 v. Chr. erbaut wurde, ist nach ihrem Auftraggeber Gnaeus Egnatius, Prokonsul von Macedonia, benannt. Nach dem Untergang des Römischen Reiches behielt die Via Egnatia ihre wichtige strategische und wirtschaftliche Bedeutung noch für lange Zeit bei. Kreuzritter und osmanische Eroberer benutzten die Straße noch im Mittelalter und in der Renaissance.
Römische Straßen zeichneten sich insbesondere durch ihren geradlinigen Verlauf aus. Die solide Bauart machte die Straßen zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter passierbar. Nur in Tälern wurde vom schnurgeraden Straßenverlauf abgewichen. Dort führte der Weg nicht zentral durch die Talsohle, sondern trotz welligen Verlaufs entlang der Talränder, einerseits um Frühjahrsüberschwemmungen auszuweichen, andererseits um die dort marschierenden Heere vor Überraschungsangriffen zu schützen. Häufig gab es neben der Straße einen ca. 65 Zentimeter breiten Gehweg für Fußgänger oder Lasttiere. In unregelmäßigen Abständen waren an den Straßenrändern hohe Steine angebracht, die das Besteigen der Pferde und das Ein- und Aussteigen aus den Wagen erleichterten. Erst im 19. Jahrhundert gelang es, die Fertigkeiten der alten Römer beim Straßenbau zu übertreffen.
Zu Fuß unterwegs zu sein, lässt einen viele Eindrücke intensiver erleben, als wenn man schnell mit dem Auto durch die Gegend braust. Schönes, wie auch Bedrückendes geht einem viel mehr unter die Haut.
Shkodra (albanisch Shkodër) gehört mit seiner über 2400-jährigen Geschichte zu den ältesten noch heute bewohnten Städten Albaniens. Zahllose Völker, Kulturen und Herrschaften haben hier ihre Spuren hinterlassen: Illyrer, Römer, Slawen, Albaner, Venezianer und Osmanen.
In der Antike war Shkodra die Hauptstadt des Königreichs Illyrien, das damals die ganze adriatische Küste umfasste. 168 v. Chr. wurde Shkodra von den Römern eingenommen und der letzte illyrische König Genthios als Gefangener nach Italien abgeführt. Die Römer nannten das ehemalige Königreich bis ins 1. Jahrhundert n. Chr. Illyricum, danach gehörte Shkodra zur Provinz Dalmatia. Im Zuge der Verwaltungsreform Kaiser Diokletians wurde die Stadt Ende des 3. Jahrhunderts zur Hauptstadt der neu geschaffenen Provinz Praevalitana.
In Shkodra begegnen wir zum ersten Mal der Bezeichnung Illyrien. Paulus schreibt im Römerbrief 15,19, dass er von Jerusalem bis Illyrien gereist sei, um die gute Nachricht vom jüdischen Messias zu verkünden. Es könnte also sein, dass Paulus bis hierher gekommen ist.